Erich Satter Philosoph

Leseprobe

"Möglichkeiten und Grenzen einer pluralistischen Ethik":

[...] Im Zuge der kulturellen Entwicklung lassen sich jedoch immer weniger Menschen ihr Lebensziel universell bestimmen, sondern streben nach Autonomie. Die Ethik von religiös-weltanschaulich geschlossenen Systemen wird damit obsolet und eine Pluralistische Ethik stringent. Dabei geht es vor allem um die moralwissenschaftliche Voraussetzung, welche zwar moralisches Verhalten einfordert, jedoch jedem Einzelnen die Möglichkeit zur Selbstentfaltung offen hält. Moral darf dabei nicht mehr allein abhängig gemacht werden von einer Zugehörigkeit zu einer Religions- und/oder einer Weltanschauungsgemeinschaft und religiöses Verhalten soll wiederum nicht an eine verfasste Religion gebunden sein. Religion wird dabei durchaus anerkannt als ein zum Menschsein gehörendes Phänomen, welches aber nicht auf eine "Bindung an Gott" reduziert werden muss. In einer säkularisierten, pluralistischen Gesellschaft kann sich der Religionsbegriff erweitern und wird, liberal ausgelegt, auf die Formel gebracht: "Höchste Reflexion von Verstand und Gefühl, bei dem Versuch einer individuellen Sinnfindung im Dasein".

Gleichzeitig ist zwischen Moral und Ethik zumindest begrifflich zu unterscheiden, was jedoch in der Praxis nicht immer einfach sein dürfte. Unter Moral soll das allgemeine sittliche Verhalten verstanden werden, und unter Ethik die Wissenschaft von der Moral, welche das reibungslose Zusammenleben von Menschen in einem bestimmten Kulturkreis sichert, in dem verschiedene Moralvorstellungen vertreten werden. [...] Religiöse Ethikentwürfe stehen neben philosophischen Betrachtungen und beide werden auch in der Sozialphilosophie reflektiert. [...]

Möglichkeiten zu einer Pluralistischen Ethik ergeben sich, wenn es gelingt, religiös und philosophisch begründete Ethik zu harmonisieren und in Reflexion mit soziologisch-empirischen Erfahrungen für einen wertbewussten ethischen Humanismus fruchtbar zu machen. Grenzen entstehen bereits dann, wenn auch der demokratische Verfassungsstaat von tradierten Ideologien - meist theologischen Ursprungs - beeinflusst ist oder wenn ein schwach ausgeprägtes Demokratiebewusstsein der Staatsbürger eine pluralistische Entwicklung gefährdet. Sie sind fast unüberwindlich, wenn eine Staatsideologie herrscht oder die Trennung von Staat und Kirche - bzw. Staat und Religion - nicht konsequent vollzogen ist.

 

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